Hochinnovative Geschäftsideen

oder: Pornos und Bootleggings im Vorwende-Osten

.....


Eine Badewanne voll Pornobilder

                                           Frau Wirtin hatt' ein Kanapee
                                           drauf vögelte die SED.
                                           Doch nur die jungen Bengels.
                                           Die alten saßen rundherum
                                           und lasen Marx und Engels.

Oktober 1988.
Ronald hatte in seinem Forschungslabor-Büro einen guten Bekannten.
Didi, eigentlich Heinz-Dieter, war Doktor der Ingenieurwissenschaften und arbeite im gleichen Gebäude wie Ronald. Auch beruflich hatten sie regelmäßig miteinander zu tun.
    Sie redeten über Gott und die Welt und – wie es der Zufall oder die Absicht es wollten – kamen sie auf das unter Männern ewige Thema Nummer Eins.
    Was das Thema Porno und Puff anging, waren Didi und Ronald sich einig:
Gehört legalisiert und als karitative Pflichteinrichtung in jeden Ort und jede Gemeinde.
    Plastisch malten sie sich ihre Rollen als Bordellbetreiber und Pornoproduzenten aus.
    "Also, ich meine, dass da in jedes Zimmer eine Videokamera gehört und das Geschehen rund um die Uhr aufgezeichnet wird. Jeder Besucher muß vor Besuch eine Klausel unterschreiben, dass er der Veröffentlichung der Kassetten zustimmt. Die vermieten wir dann kostenpflichtig!"
    "Ok, bloß wir zwei allein schaffen die Organisation von so 'nem Laden nicht. Da brauchen wir noch 'n paar Kerle mit Betriebswirtschafts- und Rechtskenntnissen. Ja und ohne 'n paar ordentliche Geldeintreiber wird's wohl auch nichts mit dem Projekt.
    "Genau, und wenn's klappt, optimieren wir das Ganze noch mit 'nem Pornokanal, in dem die Videos live übertragen werden! Das Ganze wird verschlüsselt und als Abonnement verkauft. Ach ja, das wär' was!"
    Sie ahnten nicht, wie nahe sie mit ihren Visionen an die nur einige Jahre späteren Realität des Videostreamings im World Wide Web kamen ...
    Eines Freitags, sie waren wieder einmal beim Konzipieren ihres rechnergestützten Etablissementes, betrat Manni, ein Kollege und guter Freund der beiden, ihr Büro.
    Er trug eine Aktentasche unter dem Arm.
    "Hi, ihr Bordellbetreiber!" begrüßte er sie schwungvoll.
Er kannte ihre Marotte und beteiligte sich zuweilen an ihren theoretischen Geschäftsmodellen.
    "Hi, Manni! Was gibt's?"
    "Nix besonderes, Leute. Hab nur 'was Hübsches für euch!"
Manni öffnete seine Tasche und holte ein Päckchen heraus.
    "Da! Arbeit für euch!"
    "Wenn ihr wollt..!" setzte er mit unergründlichem Grinsen hinzu.
Didi öffnete es. Mehrere Filmrollen lagen darin.
    Fragend sah er Manni an. Der nickte ihm zu.
    "Na? Ist das was für Euch?"
    "Hm." brummte Didi. "Mal sehen."
Er öffnete eine Rolle und zog einen Film heraus.
    Ein normaler Negativfilm für Schwarzweiß-Vergrößerungen.
Didi hielt ihn gegen das Fenster.
    Seine Miene veränderte sich und er grinste über beide Backen.
    "Jaaah, wenn ich's so recht bedenke, ...könnte eventuell, ... vielleicht..?"
    "Zeig' mal!"
Ronald griff nach dem Film und hielt ihn ebenfalls gegen das Fenster.
    "Hohoho, sehr gut! Das gibt Arbeit, Manni! Machen wir!"
Es waren abgelichtete Bilder aus diversen Pornozeitschriften. In der DDR nicht erhältlich und auf dem Index!
    Manni überließ den beiden die Filme, nicht ohne ihre Zusage, an der Vergrößerungs-Produktion kostenfrei beteiligt zu werden ...
    Spät am Nachmittag verließen Didi und Ronald das Labor. Neben Mannis Negativen trugen sie eine riesige Trockenpresse mit sich. In einer Drogerie kauften sie mehrere Flaschen Brennspiritus, ferner ein halbes Dutzend Tüten Papierentwickler und Fixiersalz.
    Im städtischen Fotoladen kauften sie das Halbjahreskontingent an Fotopapier auf.
    "Das kostet aber 'ne kleine Runde, Didi!" sagte der Fotograf, als er ihnen die Stapel auf den Tisch wuchtete.
    Didi nickte.
    "Mach' ich!"
Der Fotograf war ein guter Bekannter von ihm. Normalerweise war, wie so ziemlich alles, in der Abgabemenge limitiert. Bei Didi machte er selbstverständlich eine Ausnahme.
    "Was machste denn mit soviel Fotopapier, Didi?" fragte er interessiert.
    "Mal sehen." antwortete dieser. "Pornos vielleicht?!"
    "Höhöhö, guter Witz! Von Euch oder was?"
    "Aber klar!" konterte Didi. "Für die perverse Sparte, du verstehst!"
Der Händler grinste vielsagend.
    Didi und Ronald packten das Papier ein und trabten zum Bus. Unterwegs blieben sie mehrmals stehen. Ihr Gepäck hatte ein ziemliches Gewicht.
    "Puh, meine Arme werden immer länger!" schnaufte Ronald verdrießlich.
    "Mir geht's nicht anders." maulte Didi. "Was tut man nicht alles für das edle Pornogewerbe?"
    Gerade noch rechtzeitig erreichten sie den Bus, der sie zu Ronalds Wohnung brachte.
Dort angekommen, bereiteten sie in Windeseile alles vor. In der Prozedur des Bilderentwickelns kannten sie sich vorzüglich aus und in weniger als einer halben Stunde war alles fertig.
    "So, jetzt sind wir produktionsbereit!" kicherte Didi. "Mach's Licht aus, wir sollten anfangen. Wird 'ne lange Nacht, glaub' mir.. Apropos lange Nacht: Wann fährt eigentlich der Bus morgen früh?"
    Ronald hustete. "Dein Bus nach Neuburg  5:35 Uhr. Meiner nach Spießdorf eine Viertelstunde später. Du hast's gut, du kannst Dich dann hinlegen und pennen. Bei mir sieht's leider anders aus!"
    "Was machste denn schon so früh in dem Kaff?" fragte Didi interessiert.
    "Tja, was? Kampfgruppe; so'n Scheiß! Aber Gott sei Dank nur bis zum Mittag!"
    "Arme Sau!!"
Sie fingen mit ihrer Arbeit an. Ronald zog die Negative in viertelminütigen Takt durch den Vergrößerungsapparat und belichtete das Fotopapier. Anschließent legte er die Blätter in die Entwicklerschale, wo sie Didi mit einer Kunststoffzange hin und her bewegte und den Fortschritt des Prozesses begutachtete.
    Waren die Reproduktionen seiner Meinung nach genügend herausgebildet, legte er sie für einige Minuten in ein Zwischenbad, welches sie mit Wasser und einigen Esslöffeln Essig versetzt hatten. Abschließend wanderten die Blätter in das Fixierbad, in dem sie nach Anleitung ebenfalls mehrere Minuten verblieben.
    Im letzten Schritt mussten die Blätter gewässert werden, um die Reste der Chemikalien zu entfernen. Ronald legte sie dann in einen Eimer voll handwarmen Wassers.
    Nach etwa einer Stunde war der Eimer bis zum Rand mit Blättern gefüllt. Sie einigten sich darauf, eine kurze Pause zu machen und die Rollen zu tauschen. Didi übernahm die Belichtung und das Wässern. Ronald den Entwicklungs- und Fixiervorgang.
Den vollen Eimer entleerten sie in Ronalds große Badewanne, die bis zum Überlauf mit handwarmen Wasser gefüllt war. Nach mindestens halbstündigem Wässern konnten die Bilder dann getrocknet werden.
    "Puahh, igitt!" lachte Didi. "Ich seh' schon wieder nur Schwänze! Weiber her! Mit richtig dicken Titten!"
    Im Morgengrauen hatten sie die Negative vollständig abgearbeitet.
    "Meine Fresse, jetzt reicht's mir aber!" schnaufte Ronald. "Ich hab' die Filme seit Mitternacht nicht mehr gezählt. Wieviele waren es denn. Weißt Du's vielleicht noch, Didi?"
    "Ja, Manni hat uns 35 Stück gegeben. Die meisten haben 36 Einzelbilder, einige aber auch weniger, meist 24.
    "Das heißt" Ronald rechnete kurz, "wir haben bei drei Bildern pro Negativ etwa ..." Er unterbrach sich und lachte laut.
    " ...etwa zweieinhalbtausend Pornos gemacht. Saubere Leistung, haste gut gemacht!"
Er klopfte sich selbst auf die Schulter.
    Sie machten das Licht an und gingen ins Bad.
    "Hohoho, ein Bild für die Götter!" lachte Didi breit. "Guck Dir das an! 'Ne ganze Badewanne voller Pornobilder."
    In der Tat: Wie die Akteure auf den Fotos schwammen Unmassen von Bildern unter- und übereinander.
    "Die lassen wir noch ein paar Stunden hier drin, dann kannst du ja nochmal das Wasser wechseln und mit dem Trocknen anfangen" gähnte Didi. "Arme Sau, mußt ja jetzt gleich zur nächsten Schicht!"
    Sie verabschiedeten sich voneinander.
Ronald setzte sich in den Bus und fuhr nach Spießdorf, wo er seine fünf Stunden Kampfgruppenausbildung herunterriß.
    Er hatte Glück. Außer der sattsam bekannten Rotlichtbestrahlung über die Aggressivität des Imperialismus im Allgemeinen, des bösen Mr. Reagan und nicht viel besseren Herrn Kohl im Besonderen gab es nicht Neues. Diesmal ging es auch nicht ins Gelände und es war auch kein Waffenreinigen angesetzt. Ronald verdrückte sich in den finstersten Winkel des Schulungsraumes, wo er auch leidlich in Ruhe gelassen wurde.
    Wieder zu Hause angekommen, wechselte er das Wasser in der Badewanne und warf sich, angezogen wie er war, auf sein Bett.
    Am Abend ließ er das Wasser wieder ab und ließ die Blätter abtropfen. Anschließend füllte er einen Eimer halbvoll mit verdünntem Brennspiritus, tauchte die Fotos kurz hinein und legte sie auf die vorbereitet heiße Hochglanzplatte der Trockenpresse. Mit einer breiten Gummirolle drückte er die Blätter fest an, so dass der austretende Spiritus von einem über der Platte gespannenten Leinwandtuch aufgesaugt wurde.
    Nach wenigen Minuten roch es in der ganzen Wohnung und im Flur wie in einer Schnapsdestille.
    Am späten Abend war dann das letzte Bild getrocknet und verstaut.
Das Ergebnis ließ sich sehen! Ein großer Aktenkoffer, randvoll gefüllt mit Pornobildern!
    'Klasse!! Seid bereit! und Hallelujah!' dachte Ronald im stillen.
Er zählte nochmals die Bilder und sortierte sie. Am folgenden Montag  nahm er die zwei Tranchen für Didi und ihren Lieferanten auf Arbeit mit.
    Die zwei waren begeistert und nach einigen Tagen traf die nächste Lieferung von Negativen mit kopulierenden Nackedeis ein.....