Allezeit gefechtsbereit. Beim Saufen immer!

Trinkerfestspiele in Pullenhagen

Nach zweieinhalb Monaten in Altbellin wurden sie erneut versetzt.
    Ronald verschlug es nach Pullenhagen, einem Luftwaffenstützpunkt, ebenfalls nahe der Ostseeküste gelegen.
    Pullenhagen! Der Name sprach Bände und war bekannt als die Säuferkompanie der Luftstreitkräfte. In einschlägigen Kreisen wurde mit Hochachtung und Sehnsucht von dieser Niederlassung gesprochen.
    Dieser Ort war tatsächlich ein El Dorado für trinkfreudige und in Sachen Disziplin verlotterte Existenzen. Mit der Kontrolle auf Alkohol und der Einhaltung des schnapsverbietenden Befehls 30/74 des Verteidigungsministers nahm man es hier nicht so genau.
    Neben der klassischen Ausrüstung, die sich auf dem Stand der frühen 70-er Jahren befand, war die Einheit vorzüglich ausgestattet und auf den derzeit neuesten Stand der Technik gebracht. Man verfügte zusätzlich über russische Fernaufklärungsgeräte im Meter- und Zentimeterwellenbereich, die das aktuelle Nonplusultra in Warschauer Pakt darstellten.
    Dreistellige Millionenwerte waren hier aufgestellt! Vieles unterlag der zweithöchsten Geheimhaltungsstufe der NVA; der 'Geheimen Verschlußsache', kurz 'GVS' genannt.
    Darüber gab er nur noch die 'Geheime Kommandosache', 'GKDOS' genannt.
    'Geheime Reichssache', hieß es unter der Hand.
Vor diesem Hintergrund war auch die Stasi allgegenwärtig, verstand es aber so geschickt, sich zu verbergen, dass ihre Existenz nicht einmal andeutungsweise auffiel oder erwähnt wurde.
    Möglicherweise hatten aber die hiesigen IM's auch nur großen Durst.
Man machte sich also stasi- und schnapstechnisch keinerlei Sorgen.
Zumindestens Ronald, der diese High-Tech-Stationen mit betreuen sollte und zur Besatzung der sogenannten 'Kabina' kommandiert wurde.
    Dies war ein beeindruckende Einrichtung: Zwei gewaltige, synchron laufende Rundblickstationen im Zentimeterwellenbereich mit vier gigantischen Parabolantennen und zwei zugewiesenen Höhenfindern mit Aufklärungsradius bis zu fünfhundert Kilometern und störresistenter Auswertungselektronik vom Feinsten.
    Man saß auch nicht auf Holzschemeln, sondern konnte sich in weichen Sesseln lümmeln und die Beine hochlegen. Im Sommer warf man die  Klimaanlage an und im Winter diente die Abwärme der Elektronik als Heizung. Bei dem geradezu aberwitzigen Verbrauch an Elektroenergie wäre es wohl selbst am Kältepol unmöglich gewesen, zu frieren.
    Die Technik war für den Einsatz im tiefsten sibirischen Winter sowie inmitten der afrikanischen Wüste bei senkrecht stehender Sommersonne konzipiert und hätte womöglich auch auf dem Mond den Klassenfeind ausfindig gemacht.
    Man war mit einer Raketenbasis gekoppelt, die wiederum für den Abschuß feindlicher Flugzeuge und Raketen verantwortlich war. In Verbindung mit den zuständigen Gefechsständen der DDR-Luftwaffe und russischen Fliegerkräften wäre der Kabina die Datenbereitstellung und -bearbeitung sowie Koordination und Leitung der fliegenden Kräfte zugefallen.
    Ronald war begeistert!
Mit seinen Kameraden hatte er auch Glück!
    Die Besatzung war ein fröhlicher, leicht verlotterter Haufen von acht jungen Leuten. Vier Soldaten, zwei Unteroffiziere und zwei Hauptleute. Der Stationsleiter, ein etwas älterer, finster dreinschauender Major, wegen seines Namens Knahlmann auch Knallmann oder kurz Knalli genannt, wurde nicht immer für vollgenommen und seine Befehle geflissentlich auch  ignoriert.
    Bösartige Zeitgenossen nannte ihn zuweilen auch Knallkopf.
Andererseits: Wenn es hart auf hart kam, stand man seinen Mann und sah weder auf die Uhr noch die wartende Schnapspulle in Spind oder Kühlaggregat.
    Die Besatzung war sich natürlich im klaren, dass ihr fröhliches Leben eine disziplinarische Gratwanderung war, die sehr leicht in eisernen Drill und Gehorsamspflicht umschlagen konnte.
    Gefürchtet waren Inspektionen seitens des Regimentskommandeurs, der seinen Sitz in Peenemünde, der alten Wirkungsstätte Wernher von Brauns hatte. Zuweilen erschien er, wie er meinte, völlig unangekündigt im Objekt. Für Dreckecken und heimliche Saufgelage hätte er einen siebten und achten Sinn, hieß es.
    Glücklicherweise funktionierte die interne Nachrichtenübermittlung so gut, dass man von seinen Besuchen fast immer vorher Wind bekam und sich entsprechend 'vorbereiten' konnte.
    Die Besatzung war meist gut gelaunt und fast immer hatte man Durst ...
Eines schönen Sommertages zogen sie den Hauptgewinn!
    Sie hatten herausbekommen, dass sich in den Beständen der Kompanie, im abgetrennten und nur wenigen Personen zugänglichen Lagerraum der Kabina, ein riesiger, fünfhundert Liter fassender Glasballon voll reinem Alkohol befand!
    Ein original russisches Erzeugnis!
Reiner Alkohol! Ja, wirklich richtiger, echter, Alkohol. Das hatte seinen Grund, denn zum Reinigen der empfindlichen Elektronik durfte man nach geltender Vorschrift keinen verunreinigten oder vergällten Spiritus oder gar irgendwelche Ersatzstoffe verwenden.
    Sie konnten ihr Glück kaum fassen. Es galt allerdings, dieses Geheimnis im kleinsten Kreis zu bewahren. Denn nichts wäre schneller in der Kompanie bekannt geworden, als die Information, wo Schnaps quasi kostenlos zu haben wäre.
    Offensichtlich war dieser Umstand selbst dem Spieß und auch den Offizieren entgangen.
    In den nächsten Wochen zapften sie regelmäßig den Ballon an. Dank des Umstandes, dass es sich hier wirklich um hoch konzentrierten Alkohol handelte, brauchten sie nicht viel, um sich eine hinreichende Dröhnung zu verschaffen.
    Ein Liter Alkohol genügte, um die dreifache Menge eines guten Schnapses zu erzeugen. Aus Gründen der Sparsamkeit bevorzugte man es, den Schnaps mit Cola zu trinken. Es war auch beliebt, den Alkohol direkt in Cola zu gießen. Die Cola schäumte darauf, und erhitzte sich. Diese Cola wurde dann getrunken.
    Das Gesöff hatte durchschlagende Wirkung und war viel besser als der Schnaps, den man normalerweise im Geschäft kaufen konnte.
    So war ihre übereinstimmende Meinung.
Wenn es gelang, unbemerkt einen halben oder gar einen ganzen Liter aus den Ballon abzuzapfen, hatten sie genug, um einen oder auch mehrere Abende fröhlich zu zechen.
    In Pullenhagen waren die Kontrollen nicht streng und trugen eher Alibi-Charakter. Die Offiziere ließen die Soldaten und Unteroffiziere meistens in Ruhe und tolerierten stillschweigend ihre fröhliche Feierabendgestaltung einschließlich des Alkoholkonsums. Im Gegenzug geschah auch, zumindestens solange Ronald in Pullenhagen war, nichts, was als ein besonderes Vorkommnis hätte gewertet werden können. Zumindest kam nichts heraus!
    Den meisten Soldaten und Unteroffizieren war bewusst, dass sie sich hier auf einer Insel der Glückseligen befanden. Nichts lag ihnen ferner und nichts fürchteten sie mehr, als dass, aus welchem Grund auch immer, ein Ereignis eintreten würde, was ihnen ihr fröhliches Lotterleben beinträchtigen würde.
    So gaben sie sich auch alle Mühe, ihren Dienst in der der Luftraumüberwachung so gut es machbar war, zu erfüllen. Nach oben sollte keinesfalls Aufmerksamkeit erregt werden.
    Einmal wäre es jedoch um ein Haar ganz furchtbar in die Hose gegangen!
    Es begann an einem Samstagnachmittag. Die Offiziere hatten sich aus der technischen Zone verabschiedet. Ronald war als Diensthabender Offizier eingesetzt. Mit ihm noch waren drei weitere Soldaten als diensthabende Gruppe auf der Kabina vergattert.
    Erfahrungsgemäß geschah zum Wochenende und zumal in der Ferienzeit nur sehr wenig. Man wusste, dass in diesen Tagen auch die NATO-Piloten kaum Bock hatten, die Warschauer Pakt-Kollegen zu necken. Und so gingen sie davon aus, dass sie, wie alle Wochen zuvor, die zwei Tage ohne jede Störung verleben würden.
    Vorsorglich hatten sie sich mit fast zwei Litern Alkohol aus dem wohltätigen Ballon versorgt. Aus der Kantine verschafften sie sich Apfelsaft und Cola. Dies reichte für zwei Tage Volldröhnung.
    "Was haltet ihr davon" fragte einer der Soldaten "wenn wir uns einen gemütlichen Fernsehabend verschaffen. Einen richtigen, mit Tagesschau, Tatort, Wort zum Sonntag, Western, aber einen richtigen?"
    "Gute Idee." sagten die anderen. "Nur, du weißt doch, Westen siehst du hier so schlecht, weil die blöden Antennen von der Kabina zwischen uns und dem Sender sind!"
    In ihrem Bunker hatten sie einen Farbfernseher, der über ein langes Kabel mit einer Außenantenne verbunden war. Diese konnte man zwar in Richtung Westen drehen, jedoch stand die riesige Metallmasse der Kabina wie eine Wand zwischen ihnen und dem begehrten Sender.
    "Ja, stimmt schon." entgegnete er. "Aber, wir können es doch mal probieren, ob es nicht möglich ist, die Kabina oder die Wackelfotze so zu drehen, dass wir besseren Empfang bekommen!"
    Sie versuchten es und hatten Glück! Wenn sie die Antenne des Höhenfinders in den richtigen Reflexionswinkel zwischen dem Sender und ihrer Fernsehantenne drehten, war es tatsächlich möglich, ein einigermaßen ordentliches und rauscharmes Bild zu empfangen. Der Ton war ebenfalls akzeptabel. Zwar empfingen sie auf diesem Weg auch einige schwache Geisterbilder, mit denen sie aber durchaus leben konnten.
Der Höhenfinder wirkte also – um mit heutigen Worten zu sprechen –  fast wie eine riesige Satellitenschüssel.
    Wunderbar! Sie fühlten sich happy.
Sie mixten sich mehrere Flaschen Alkohol mit Apfelsaft und Cola zusammen. Mehrere Stühle wurden zusammengestellt, einige Armeedecken darauf gelegt und fertig war ein improvisiertes Sofa.
    Herrlich! Fast wie zu Hause!
Es war gegen 18:00 Uhr, als sie mit ihrem Gelage begannen. Sie tranken, schwatzten und schauten zuweilen fern.
    Der Schnaps schmeckte prächtig und zeigte rasch seine Wirkung!
Nachdem sie die Tagesschau und auch den anschließenden Film angesehen hatten, waren sie ziemlich angesäuselt. Da der Film doch etwas langweilte, schalteten sie den Fernseher aus und setzen sich um einen Tisch zusammen.
Sie begannen, Witze zu erzählen. und schmutzige Lieder zu singen. Einer der Soldaten konnte ausgezeichnet Mundharmonika spielen und begleitete sie darauf.
Kurz vor Mitternacht waren sie allesamt hackedicht.
    Mit einem Mal dröhnte ein schriller Ton aus einem Signalhorn, das in ihrem Raum angebracht war.
    Gefechtsalarm!!
Das Undenkbare war eingetretenen!
    "Kabina einschalten und auf Gefechtsstation gehen!", war der Befehl.
    "Oh Scheiße!" stöhnte Ronald! "Das klappt doch nie im Leben!"
In der Tat: In ihrem Suff würde es ihnen nicht gelingen, die Technik in den vorgeschriebenen maximal sieben Minuten zum Einsatz zu bringen.
    "Wir müssen den Einsatz melden!" stöhnten sie: "Wenn das nicht klappt, haben wir in wenigen Minuten die Kontrolloffiziere hier. Dann geht's uns dreckig! So eine Scheiße!"
    Ronald hatte eine Idee! Die wohl nur im Suff ausführbar war!
In der Zentralstation des Kabina-Komplexes gab es die Möglichkeit einer sogenannten forcierte Objekteinschaltung.
    Dies war eine Option, die nur für den tatsächlichen Ernstfall vorgesehen war.
In der Zentraleinheit befand sich unter einer versiegelten Kappe ein Schalter, dessen Betätigung diese Einschaltung bewirkte.
    Dies war jedoch prinzipiell verboten und durfte ausschließlich auf Befehl des diensthabenden Offiziers oder des Leiters des vorgesetzten Gefechtsstandes vorgenommen werden. Diese Anweisungen mußten ausnahmslos dokumentiert und  vom Befehlsgeber nachvollziehbar begründet werden.
    Grund war eine mit dieser Einschaltung verbundene Überbeanspruchung der Elektronik. Man konnte es sich so vorstellen, als ob ein Fernseher mit Kraftstrom in Betrieb genommen würde. Er wäre auch in wenigen Sekunden betriebsbereit. Wie lange, und wie oft er dies durchhielt, war eine ganz andere Frage.
    Nicht anders verhielt es sich hier. Nur, hier handelte es sich nicht um einen alten Fernseher, sondern um eine riesige, millionenteure Anlage der Landesverteidigung!
    Ronald knackte das Siegel und legte den darunter befindlichen Schalter um!
Die Gebläse und Motoren der Kabina heulten auf und in den Schränken knackte und ratterte es.
    Sie sahen auf die Uhr. Ronald stellte fest, dass es ihm nicht gelang, seine Armbanduhr richtig abzulesen. Die Zeiger verschwommen vor seinen Augen und er sah sie zweifach.
    Er taumelte zum Wechselsprechgerät.
     "Ka- Kabina me- meldet Einsatz!"
    "Vielen Dank, Kabina bitte warten und bereithalten"
    "Hoffentlich kommt keiner hierher!" lallte einer der Soldaten. "Die schaffen uns alle nach Schwedt!"
    Einige bange Minuten verstrichen.
    "Wer von euch ist in der Lage, am Bildschirm zu arbeiten? Ist überhaupt jemand noch so nüchtern, dass er es kann? Und so, dass es keiner merkt, wenn er ins Mikrophon rein lallt?" fragten sie sich gegenseitig.
    So richtig traute es sich keiner von ihnen zu.
    "So eine Scheiße! So eine verdammte Scheiße!"
Aus dem Wechselsprechgerät tönte die Stimme des diensthabenden Offiziers:
    "Diensthabender Offizier an Kabina! Dienst habender Offizier an Kabina! Kabina melden!"
    Ronald holte tief Luft! "Jetzt ist's aus mit uns!"
    "Ka-, Ka-, Kabina an Diensthabenden Offizier?"
    "Kabina, Zeit gehalten. Kabina ausschalten! Überprüfung bestanden!"
    Den Trunkenbolden fiel ein Stein vom Herzen.
    "Ka- Kabina an Diensthabenden Offi- Offizier! Verstanden! Ausschalten!"
    Sie schalteten ihre Technik wieder aus und fielen sich in die Arme.
    "Jungs, ich glaub ja gar nicht, was wir eben für ein Schwein gehabt haben." sagte Ronald zu seinen Saufbrüdern.
    "Also, ich leg mich jetzt hin, Mädels!" gähnte der eine.
     "Ich auch!"
     "Ich auch!"
Sie taten es. Sie fielen allesamt auf den Fußboden, auf zwei große Schaumstoffmatratzen, die zu diesem Zweck bereit lagen. Nach einigen Minuten ertönte ein lautes mehrstimmiges Schnarchen durch die Luft..
    Glücklicherweise blieben sie in dieser Nacht von weiteren Überraschungen dieser Art verschont.
    Und sie hatten wirklich Glück gehabt: Hätte sie der Alarm nur ein wenig später getroffen, wären sie vermutlich so alkoholisiert gewesen, dass ihnen eine Bedienung ihrer Technik nicht mehr möglich gewesen wäre. Oder sie hätten den Alarm schlichtweg verpennt!
    Dies hätte selbst in Pullenhagen die nachteiligsten Folgen für sie gehabt: Militärstaatsanwalt! Knast! Möglicherweise sogar ein mehrmonatiger kostenloser Aufenthalt in Schwedt!!
    Der Armeeknast in Schwedt! Der gefürchtetste Ort in der NVA! Unter vorgehaltener Hand wurde darüber allerlei gemunkelt. Genaueres wußte niemand darüber; nur soviel, dass niemand, der normal hineingekommen war, als der gleiche wieder herausgekommen war.
    Davor hatten alle Schiß!
Am nächsten Tag, nachdem sie ihren Kater einigermaßen überwunden hatten, hatten sie ihre liebe Not, dass gebrochene Siegel der forcierten Einschaltung soweit zu manipulieren, dass der Bruch nicht auffiel.
    Der Wahrheit die Ehre zu geben, es fiel auch keinem der Offiziere, nicht einmal einem der misstrauischen Kontrolleure, die sie in einigen Wochen heimsuchen sollten, auf.
Die Kontrolle war ein Vorbote eines Besuchs des Verteidigungsministers.
    Allerhand Allotria wurde getrieben, um diesen Besuch vorzubereiten. Birken mit Kreide anzustreichen und Wiesen grün zu spritzen war noch harmlos!
    Die Kabina-Stationen standen auf vier künstlich angeschütteten Erdhügeln, die einer stumpfen Pyramide glichen. Auf der Spitze stand die eigentliche Station auf einer Betonplattform und konnte über einen befestigten Weg herauf- und wieder herabgezogen werden.
    Die Hänge der Hügel waren mit Gestrüpp bewachsen und hielten fest und stabil.
    So weit, so gut.
Bis Major Knalli auf den Gedanken kam, auch die Hügel für den Besuch des Oberbosses würdig vorzubereiten und auf diesem Wege sich seines dritten Spitznamens würdig zu erweisen .
    Die Sträucher wurden komplett und in mühevoller Arbeit ausgegraben.
Es reichte nicht! Knalli wüschte eine Radikalkur und komplette Entfernung von Gestrüpp und weiterem Bewuchs.
Mehrere mannshohe Fässer mit Unkraut-Ex wurden herbeigeschafft und in Wasser aufgelöst. In mehrstündiger Arbeit wurden mehrere Kubikmeter des Gebräus auf das Gestrüpp vergossen.
    Ronald sah es mit einer gewissen Wehmut, wie die seinerzeit von ihm und Dieter so geliebte Substanz ihrer eigentlichen Verwendung zugeführt wurde. Was hätten sie mit solchen Mengen nicht alles anstellen können. Ach ja!
    Die Wirkung war drastisch! Binnen weniger Tage räumte die Brühe mit dem unansehnlichen Gewächs auf und die verdorrten, braun verfärbten Pflanzenreste wurden herausgezogen oder auch abgebrannt, so dass die blanke Erde zum Vorschein kam.
    Dann kam für Knalli der große Knall!
Etwa eine Woche vor dem Eintreffen des Ministers schlug der himmlische Gegner zu.
    Zwei Tage hintereinander goß es wie aus Eimern.
Am Morgen des dritten Tages nahm Knalli seine vom Grünzeug befreiten Hügel in Augenschein und ihn traf fast der Schlag!
    Die Böschung der Hügel waren teilweise weggerutscht und die Standfläche von zwei Stationen bedenklich unterspült. Die mit Unkraut-Ex vollgesogene Erde war am Boden der Hügel zusammengerutscht. Nichts wuchs mehr darauf.
    Zweifellos: Petrus stand mit dem Klassenfeind im Bund und Knalli hatte ein richtiges Problem!
    In einer hektischen Aktion wurden von einem volkseigenen Acker außerhalb des Kasernengeländes Erde herangeschafft, auf die Hügel verteilt und festgetrampelt.
    Auf unerfindlichen Wegen schaffte man einige Morgen Rollrasen herbei und legte ihn auf die Böschungen
    Knalli betete zum Chef des ihn schikanierenden Klassenfeindes, den Regen wenigstens bis zum Besuch des obersten Uniformträgers aussetzen zu lassen.
    Irgendwie hatte der ein Einsehen und auch wohl Petrus zurückgepfiffen, denn an den weiteren Tagen blieb es einigermaßen trocken und die Hügel sackten nicht weiter in sich zusammen.
    Immerhin: Die Hügel waren zumindest äußerlich wieder grün und sahen ebenmäßig hübsch grün aus.
    Knalli war gerettet und war in froher Erwartung, dem Viersternegeneral seine Supertechnik präsentieren zu dürfen.
    Vorher ging es nochmals rund!
Der wohltätige Kabina-Ballon zeigte sich gewohnt spendabel und sorgte dafür, dass bei der Mannschaft das Wochenende im erneuten Delirium versank!
    Am Abend vor dem Ministerbesuch wurde gesoffen, was das Zeug hielt. Die leeren Flaschen vergruben sie in den neu angelegten Beeten bei ihrer Station.
     Obwohl Knalli von dem Saufgelage Wind bekam, hatte er ein Einsehen und enthielt sich jeden Kommentares. Ärger wegen saufenden Wehrpflichtigen war jetzt das letzte,was er vor seinem großen Auftritt brauchen konnte.
    Die am Vormittag beginnende Inspektion des Ministers und seines Gefolges verlief ohne jeden Zwischenfall.
    Bis dahin hatten sich die meisten Trunkenbolde einigermaßen regeneriert. Diejenigen, deren Atem noch immer nach Fusel, Bier und Schnaps roch, wurden stillschweigend in einen Nebenraum der Kabina verwiesen, in dem sie sich unverzüglich aufs Ohr legten und weiterschliefen. Sie auf ihre Stuben zu schicken, erschien unter diesen Umständen zu riskant.
    Einer der Unteroffiziere mußte sich hinzugesellen, wachbleiben und beim ersten Anzeichen von Schnarchen den Betreffenen wach rütteln.
    Alles verlief gut und weder der Genosse Verteidigungsminister noch die ihn begleitenden Generäle und Obristen äußerten den Wunsch, den rasch noch mit Siegeln belegten Nebenraum einsehen zu wollen.
    Geistesgegenwärtig hatte noch jemand ein Schild "Hochspannung! Lebensgefahr!" aufgetrieben und und an der Tür befestigt.
    Die Show konnte beginnen und Knalli hatte seine Show. Der ebenfalls beiwohnende Divisionskommandeur, ein Generalmajor, gab ihm den Befehl, zu beginnen.
    Er legte sich ins Zeug und redete sich vor den Genossen in Begeisterung.
Es kam gut an und die Zuhörer waren es zufrieden.
    Wenige Meter neben Knalli, der den Generälen seine russische Super High-Tech präsentierte und von der klassenbewußten und vorbildlichen Erfüllung des sozialistischen Kampfauftrages der Partei schwafelte, schliefen einige verkaterte und noch immer unter Alkohol stehende Trunkenbolde ihren Rausch endgültig aus.